Herzschrittmacher: Wie steuert der Taktgeber das Herz?

Herzschrittmacher: Wie steuert der Taktgeber das Herz?
Herzschrittmacher: Wie steuert der Taktgeber das Herz?
 
Herzschrittmacher verhelfen heute vielen Menschen, deren Herz zu schnell, zu langsam oder unregelmäßig schlägt, zu einem annähernd normalen Leben. Ohne dieses ca. 100 g schwere Kästchen von der Größe eines Fünfmarkstückes wären sie oft nicht mehr lebensfähig. Ein Herzschrittmacher wird in einer knapp halbstündigen Operation in den Brustkorb »eingepflanzt« und danach nur noch ca. alle 10 Jahre zum Batteriewechsel gewartet. Während die ersten Schrittmacher reine Taktgeber waren, die wegen erschöpfter Batterie oft operativ gewechselt wurden, sind die heutigen Geräte ohne operativen Eingriff programmierbar und passen sich in die natürliche Aktivität des Herzens und Körpers an.
 
 Wann ist ein Herzschrittmacher notwendig?
 
Das Herz ist ein muskulöses Hohlorgan, aufgebaut aus dem rechten und linken Vorhof sowie der rechten und linken Kammer, welches das Blut durch Kontraktion (Zusammenziehen) der Herzmuskulatur durch den Körperkreislauf pumpt. Diese regelmäßige Kontraktion wird durch einen »natürlichen« Schrittmacher, den Sinusknoten, ausgelöst. Dieser befindet sich an der Außenwand des rechten Vorhofs und sendet regelmäßig elektrische Impulse aus. Ein solcher Impuls regt zunächst die Muskulatur der beiden Vorhöfe an und wird dann über ein elektrisches Leitsystem auf der Herzaußenhaut zu beiden Kammern weitergeleitet, wo es dann zu deren Kontraktion kommt. Dadurch füllen sich zunächst die Vorhöfe und anschließend die Kammern mit Blut, das von dort in den Kreislauf gepumpt wird. Dieser Prozess, der natürliche Herzschlag, wiederholt sich beim ruhenden Menschen ca. 70 mal pro Minute. Zusätzlich wird die Herzfrequenz bei körperlicher oder geistiger Belastung über das vegetative (unbewusst wirkende) Nervensystem gesteuert, d. h. erhöht oder erniedrigt. Ist das elektrische Leitsystem gestört oder blockiert, dann schlägt das Herz zu schnell, zu langsam oder nicht rhythmisch. Hier wird ein Herzschrittmacher eingesetzt, der die zur Kontraktion der Herzmuskeln notwendigen elektrischen Impulse liefert.
 
 Wie arbeitet ein Herzschrittmacher?
 
Ein moderner Herzschrittmacher besteht aus einem kleinen Computer und einer Batterie, die gemeinsam in einem Titangehäuse untergebracht sind. Daran angeschlossen sind zwei Kabel, an deren Enden sich je eine Elektrode befindet. Eine der Elektroden wird am rechten Vorhof, die andere an der rechten Herzkammer mit einem kleinen Widerhaken an der Herzaußenwand befestigt. Über diese Elektroden werden die vom Computer erzeugten Impulse (Spannung: 1-2 V, Impulsdauer: wenige ms) an die Herzmuskeln abgegeben. Schlägt das Herz des Patienten unregelmäßig oder zu langsam, so wird der natürliche Herzschlag mit genutzt. Die Elektroden empfangen die natürlichen Impulse des Herzens, werten diese mittels Computer aus und geben nur dann einen künstlichen Impuls ab, wenn der natürliche Schlag aussetzt. Dies kann für Vorhof und Kammer separat gesteuert werden. Arbeiten z. B. Vorhöfe und Sinusknoten noch selbstständig, ist aber das natürliche Leitsystem zu den Kammern defekt, so benötigen nur die Kammern, nicht aber die Vorhöfe, künstliche Impulse.
 
Bei einer Funktionsstörung des Sinusknoten ist zusätzlich eine Anpassung der Herzfrequenz an die körperliche Belastung notwendig. Dies geschieht über zusätzliche Sensoren, welche Muskelaktivität und Atmung überwachen. Erhöhte Muskelaktivität, z. B. beim Sport, erzeugt im Körper mechanische Schwingungen, die im Schrittmacher mittels eines Piezokristalls in elektrische Schwingungen umgewandelt und gemessen werden. Ein zweiter Sensor ermittelt Stärke und Frequenz der Atmung. Der Einfluss der gemessenen Größen auf die Herzfrequenz wird vom Computer gesteuert, wobei das Steuerungsprogramm vom Arzt in den Herzschrittmacher einprogrammiert wird. Die Programmierung wird ohne operativen Eingriff individuell angepasst. Dazu setzt der Arzt eine mit einem Rechner gekoppelte Sender- und Empfängereinheit auf den Brustkorb, sodass er die Herzschrittmacherfunktionen überwachen und/oder verändern kann.
 
 Komplikationen
 
Die häufigsten Komplikationen treten durch verrutschte Elektroden auf, die statt des Herzmuskels einen anderen Muskel erregen oder falsche Impulse empfangen. Im Laufe der Zeit wurden jedoch die Elektrodenhalterungen optimiert. Ein weiteres Problem stellen die in den Organismus eingebrachten Fremdkörper dar. Deswegen werden heute in der Regel Titangehäuse und gewebefreundliche Kunststoffkabel verwendet, die meist gut verträglich sind. Auch die Messung der körperlichen Belastung ist nicht immer ganz unproblematisch. So reagiert der Piezokristall auch auf die mechanischen Schwingungen, denen z. B. ein Autofahrer in seinem Fahrzeug ausgesetzt ist. Der Schrittmacher erhöht daraufhin die Herzfrequenz (s. o.), was für den ruhig sitzenden Fahrer unangenehm sein kann.

Universal-Lexikon. 2012.

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